Atemnot-Husten-Auswurf gelten als die führenden Symptome bei einer Chronische Obstruktiven Lungenerkrankung. Weniger Beachtung finden Schmerzen als belastendes Symptom bei COPD-Patienten. Dabei könnte dem Zusammenspiel von Schmerzen und Atemnot eine erhebliche Bedeutung im Krankheitsverlauf zukommen.
Die aktuelle NVL COPD (2021) nennt als Zielsetzung u. a. „eine Optimierung des Managements der Komorbiditäten, insbesondere der Umgang mit Angst und Depression, Osteoporose, Schmerz“.
COPD-Patienten werden jedoch in der Regel nicht routinemäßig und aktiv nach Schmerzen gefragt. Sogar die aktuelle NVL COPD fragt bei den Anamneseinhalten im Zusammenhang mit Beschwerden lediglich: „Wann bestehen Symptome wie Atemnot, Husten und Auswurf?“
Laut einer aktuellen Studie werden Schmerzen nur in 16 von 41 überprüften Leitlinien erwähnt, am häufigsten als mögliche Nebenwirkung von Pharmakotherapien (z. B. Osteoporose durch Corticosteroide), als Teil der Differentialdiagnose und im Rahmen der Behandlung am Lebensende oder in der Palliativmedizin. Dabei sind chronische Schmerzen häufig und sie beeinträchtigen die Lebensqualität, die Stimmung, die Atemnot und die Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL).
Übersichtsarbeiten zeigen, daß zwischen 45 % und 96 % der COPD-Patienten unter Schmerzen leiden.
Betrachtet man die Schmerzprävalenz innerhalb der letzten 14 Tage, so liegt sie in einer aktuellen Studie bei Teilnehmern mit COPD signifikant höher als bei Teilnehmern ohne COPD (72,7 % gegenüber 57,7 %).
Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Häufigkeit bereitet vor allem die systematische Erfassung und Bewertung (Assessment) mittels Schmerzerfassungs-Tools.
In den meisten Studien werden folgende Schmerzlokalisation bei COPD genannt:
Auf die Frage nach der Schmerzqualität („Wie ist der Schmerz?“ ) berichten COPD-Patienten meist von drückenden, einengenden Schmerzen im Brustbereich und von ziehenden, brennenden Schmerzen bei den übrigen Lokalisationen.
Am Beispiel der Frage „Wie stark ist der Schmerz?“ läßt sich die Problematik der Erfassung der subjektiven Schmerzerfahrung (nicht nur bei COPD) zeigen.
Als Erfassungsinstrumente (Assessment-Tools) dienen Selbst- und Fremdeinschätzungs-Instrumente.
Selbsteinschätzungs-Instrumente sind beispielsweise:
Fremdbeurteilungs-Instrumente kommen bei stärker eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten zum Einsatz:
Auf die Frage nach der Schmerzintensität berichten COPD-Patienten überwiegend von mittleren bis starken Schmerzen.
Die Ursachen für die hohe Schmerzprävalenz und die anhaltenden Schmerzen bei Menschen mit COPD sind komplex und nur unzureichend bekannt.
Eine Vielzahl von möglichen Zusammenhängen wird diskutiert.
Ursachen für Schmerzen allgemein bei COPD:
Ursachen für Rückenschmerzen bei COPD:
Ursachen für Schulter- und Nackenschmerzen bei COPD:
Ursachen für Brustschmerzen bei COPD:
Ursachen für Extremitätenschmerzen bei COPD:
Ursachen für Kopfschmerzen bei COPD:
Schmerzen zeigen (nicht nur bei COPD) erhebliche Auswirkungen auf das psychische Befinden. Bei COPD-Patienten ist der Schmerz verbunden mit:
COPD-Patienten, die unter Schmerzen leiden, sind in der Regel in einem fortgeschritteneren Erkrankungsstadium, zeigen eine geringere körperliche Leistungsfähigkeit und haben größere Einschränkungen bei den Aktivitäten des täglichen Lebens im Vergleich zu COPD-Patienten ohne chronische Schmerzen.
Schmerzsymptome und Atemnot (Dyspnoe) sind bei COPD eng miteinander verbunden, aber die Beziehung scheint nicht durch verschiedene biologische, psychologische oder funktionelle Faktoren bedingt zu sein. Aus der Perspektive des Patienten sind sie möglicherweise Teil der gleichen
wesentlichen Erfahrung.
Eine aktuelle Studie zeigt beispielsweise, daß, obwohl Lungenfunktion, BMI und depressive Symptome unabhängig von der Dyspnoe mit Schmerzen verbunden sind, sie nichts ändern an der starken Beziehung zwischen der Patientenschilderung über Atemnot und dem Bericht über Schmerzen.
Eine mögliche Erklärung könnte darin liegen, daß dieselben neurologischen Strukturen oder Netzwerke an der Verarbeitung beider Wahrnehmungen (Schmerz und Atemnot) beteiligt sind.
Folglich ist es denkbar, daß Behandlungen des einen Symptoms hilft, auch das andere zu verbessern.
Gerade für das Management von Exazerbationen (Krankheitsschüben) könnten diese Erkenntnisse wegweisend sein.
Leider ist noch wenig darüber bekannt, ob die Schmerzen von COPD-Patienten während Exazerbationen ein neues Symptom darstellen und inwieweit sie sich in Art und Intensität von den Schmerzen im stabilen Zustand unterscheiden. Das Fehlen von Informationen über die klinischen Zusammenhänge während Exazerbationen ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß Schmerzen (im Vergleich zu Atemnot) als Symptom in diesem Krankheitsstadium zu wenig Beachtung finden bzw. unterschätzt werden.
Eine Studie berichtet, daß die Prävalenz (Häufigkeit) und Intensität von Schmerzen während Exazerbationen im Vergleich zum stabilen Zustand deutlich höher ist, wobei sich die Schmerzlokalisationen zwischen den beiden Krankheitszuständen unterscheiden. Ergebnisse zu weiteren Unterschieden in der Schmerzprävalenz und -erfahrung zwischen den Krankheitszuständen würde unser Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Schmerzen und Atemnot bei Exazerbationen der COPD erweitern.
Schmerzen sind eine häufige Erfahrung bei COPD, die durch Atemnot und Angst verstärkt wird. Als Gesamterfahrung zeigen sie erhebliche Auswirkungen auf die körperliche Aktivität.
Sie führen einzeln und gemeinsam zu einem „Teufelskreis“ aus Vermeidungsverhalten – Bewegungsmangel – Symptomverstärkung - Inaktivität. Damit droht eine Dekonditionierungs-Spirale mit allen negativen Konsequenzen für Lebensqualität, Krankheitsverlauf und Sterblichkeit.
Für eine angemessenere Berücksichtigung und Behandlung von Schmerzen bei COPD bieten sich mehrere Schaltstellen an.
Kommunikation von Schmerzen:
Erfassung von Schmerzen:
Multimodale Behandlung:
Quellen und weiterführende Literatur:
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