Krankheitsverlauf und Krankheitsverarbeitung beeinflussen sich wechselseitig. Einerseits wirken sich chronische (Lungen-)Krankheiten mit langwierigen und schwierigen Verläufen vielfältig auf das körperliche, psychische und soziale Leben der Patienten aus. Andererseits beeinflußt die Art und Weise, wie Patienten ihre Krankheit annehmen und verarbeiten, wiederum den Verlauf und die Lebensqualität.
Coping (im Sinne von Krankheitsverarbeitung, Krankheitsbewältigung) bezeichnet das Bemühen, gegenwärtige oder vorweggenommene (zukünftige) Belastungen durch die Krankheit zu meistern.
Der Begriff Coping leitet sich ab vom englischen „to cope“ = fertig werden mit etwas. Er stammt ursprünglich aus der Streß-Forschung, hat sich aber inzwischen auch in der klinischen Psychologie als Fachbegriff für den Prozeß der Krankheitsverarbeitung etabliert.
Coping ist ein Prozess, der sich sowohl zeitlich als auch inhaltlich wandeln und entfalten kann.
Coping-Strategien können sich beziehen auf:
Daraus ergeben sich beispielsweise Zuordnungen zu emotionsorientierten oder problemlösungsorientierten Bewältigungs-Strategien. Meist überschneiden sich dabei die einzelnen Kategorien (Gefühle – Gedanken – Handlungen).
Die Unterscheidung in aktive und passive Coping-Strategien spielt in der klinischen Praxis insofern eine Rolle, als aktive Herangehensweisen meist mit besseren Behandlungsergebnissen verknüpft sind.
Beispiele für aktive und passive Coping-Strategien bei chronischen Lungen-Erkrankungen sind:
Es gibt verschiedene Methoden, die versuchen, den Umgang mit Streß bzw. Streß-Situationen zu messen.
Am bekanntesten sind:
Mit dem COPE lassen sich beispielsweise folgende Verarbeitungs-Stile erfassen:
Bei der Besprechung der Testergebnisse können mit dem Patienten die Vor- und Nachteile des ermittelten Coping-Stils erörtert werden. Ungünstige Verarbeitungs-Strategien („Werkzeuge“) können angepaßt oder durch geeignetere ersetzt werden.
CISS (Coping-Inventar zum Umgang mit Stress-Situationen) erhebt drei grundlegende Coping-Stile, die einen spezifischen Blick auf die Bewältigungs-Strategien widerspiegeln:
Die Aussagekraft dieser Tests im Hinblick auf die Bewältigungs-Strategien von Menschen mit chronischen (Lungen-)Erkrankungen bedarf noch weiterer Forschung.
Verarbeitungsphasen sind kein Fahrplan durch eine chronische Krankheit. Sie folgen in der Regel nicht schrittweise aufeinander, sondern zeigen für jeden Patienten individuelle Abfolgen. Eine chronische Krankheit ist nie endgültig „bewältigt“.
Dennoch lassen sich typische Verarbeitungsphasen beschreiben (zum Beispiel wie im Modell von Schuchardt):
Im Gespräch mit dem Patienten können die Aufgaben der jeweiligen Phase ermittelt und die geeigneten Verarbeitungsstrategien ausgewählt werden.
Assimilation bedeutet, das eigene Verhalten absichtlich, bewußt und kontrolliert zu ändern, um bestimmte Ziele und Vorstellungen beizubehalten. So kann ein Patient beispielsweise am Lungensport teilnehmen, um etwas gegen den Konditionsabbau zu tun. Oder Hilfsmittel (z. B. einen Rollator) einsetzen, um seine Mobilität zu erhalten.
Vor allem beim Fortschreiten der Krankheit werden Änderungen der persönlichen Ziele im Sinne einer Akkomodation notwendig. So bedeutet das Akzeptieren einer Behandlungsmaßnahme, wie beispielsweise Langzeit-Sauerstofftherapie, für viele Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen die Aufgabe eines bestimmten Selbstbildes von Stärke, Unabhängigkeit und gesundem Aussehen. Gleichzeitig ermöglicht diese Akkomodation den Patienten mehr Wohlbefinden und Leistungsvermögen.
Im Gespräch mit den Patienten ist es wichtig, weder Assimilation noch Akkomodation absolut zu setzen. Es kommt darauf an, welche Form für die jeweilige Krankheitssituation erfolgversprechender ist. Häufig ist sogar erst die Kombination beider Coping-Strategien wirksam.
Studien legen nahe, daß eine problemorientierte und aktive Auseinandersetzung mit der Krankheit für Patienten mit chronischen Lungen-Erkrankungen günstiger für den Verlauf ist als passive, vermeidende oder verleugnende Verarbeitungs-Strategien.
An dieser Stelle kommt die Psychopneumologie ins Spiel:
Zunächst einmal gilt der Grundsatz: Es gibt kein falsches Coping – allenfalls ungünstiges! Auf dieser Grundlage können folgende Aspekte gemeinsam mit dem Patienten beleuchtet werden:
In der Praxis geht es darum, mit dem Patienten festzustellen, was für ihn in seiner aktuellen Krankheitssituation hilfreich ist. Wichtig ist es, den Patienten zu unterstützen und zum eigenständigen Handeln zu befähigen und nicht einer abstrakten Vorstellung von „richtigem“ Coping zu folgen – das gibt es nämlich nicht.
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