Psychopneumologie Lexikon: B wie Biofeedback
Körpersignale nutzen, um Atemnot und Atemnot-Ängste durch Lernprozesse zu beeinflussen.
Was ist Biofeedback?
Biofeedback ist ein Verfahren der Verhaltensmedizin. Es nutzt die menschliche Fähigkeit, körperliche Funktionen durch Lernprozesse zu beeinflussen. Dazu werden physiologische Vorgänge, die in der Regel nicht bewußt wahrgenommen werden, durch visuelle (sichtbare) oder auditive (hörbare) Rückmeldesignale erfahrbar gemacht.
Für die Wirksamkeit des Verfahrens ist es wichtig, daß diese Rückmeldesignale:
- vom Patienten als positiv erlebt werden,
- in direkter Verbindung zur Stärke des körperlichen Signals steht (z. B. starke Reaktion – lauter Ton),
- prompt (in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang) erfolgt,
- verstärkend wirkt.
Durch diese Biofeedback-Anordnung entwickeln Patienten langsam ein zunehmendes Gefühl der Kontrolle und Selbstwirksamkeit, auch über Funktionen, die zuvor als unbeeinflußbar erlebt wurden (z. B. Atemnot und Atemnot-Ängste).
Welche Rolle spielt der Patient beim Biofeedback?
Biofeedback ist ein Verfahren, bei dem Patienten ein sehr aktive Rolle übernehmen. Sie werden zum eigenständigen Experimentieren geradezu ermuntert. So sollen sie möglichst viele eigene Strategien ausprobieren, um die körperlichen Prozesse effektiv zu verändern. Außerdem ist ein regelmäßiges Heimübungsprogramm unverzichtbar, um die Effekte auszubauen und die Umsetzung im Alltag zu ermöglichen.
Der wahrnehmbare Einfluß auf die sichtbaren und hörbaren Rückmeldesignale führen bei Patienten in der Regel zu positiven Behandlungserwartungen und einer hohen Therapiemotivation.
Die aktive Rolle des Patienten kann bei einer perfektionistischen Anspruchshaltung allerdings problematisch werden. Erfolgsdruck und Ungeduld sind hinderlich für eine gute Wirksamkeit des Verfahrens. Patienten sollten immer wieder an die Grundvoraussetzungen für ein effektives Biofeedback erinnert werden:
- Übung,
- Geduld,
- Zeit.
Welche Rolle übernimmt der Therapeut beim Biofeedback?
Der Biofeedback-Therapeut ist vor allem Motivator und Coach. Seine Rolle umfaßt:
- Auswählen (der relevanten Rückmeldesignale, der individuell angepaßten Übungen),
- Erklären (der Einzelheiten des Verfahrens mit Blick auf Technik und Praxis),
- Motivieren (zum Üben, zu Geduld, zu Gelassenheit),
- Anleiten (zum schrittweisen Vorgehen),
- Unterstützen (durch Vorschläge).
Diese Begleitung verlangt Einfühlungsvermögen und ist für ein Gelingen unverzichtbar.
Wie wirkt Biofeedback?
Obwohl Biofeedback nach „Technik“ und „Instrumenten“ klingt, hängt das Gelingen von einer tragfähigen Patienten-Therapeuten-Beziehung ab. Deshalb fließen die allgemeinen Wirkfaktoren der Psychotherapie in das Ergebnis ein.
Zusätzlich bietet Biofeedback spezielle Wirkfaktoren:
- Einfluß auf Körperfunktionen,
- Verbesserung der Interozeptionsfähigkeit (Wahrnehmung und Einordnung von körperlichen Prozessen),
- Veränderung der Selbstwirksamkeitserwartung (Gefühl der Kontrolle über Prozesse, die zuvor als unbeeinflußbar erlebt wurden),
- Verbesserung des bio-psycho-sozialen Krankheitsverständnisses (und der eigenen Rolle beim Krankheitsverlauf).
Wie erfolgt die Rückmeldung der Atmung beim Biofeedback?
Die Atemaktivität erfolgt in der Regel unbewußt, kann aber (in einem bestimmten Rahmen) bewußt beeinflußt werden.
Beim Biofeedback kann die Atemaktivität auf mehreren Wegen rückgemeldet werden. Zum Einsatz kommen:
- Atemgürtel (zur einfachen Rückmeldung von Atemfrequenz und Atmungstiefe, z. B. Brust- und Zwerchfellatmung),
- Kapnographie (zur komplexen Rückmeldung von ETCO2, Atemfrequenz, Atemrhythmus, Atemtiefe, Verhältnis von Einatmung und Ausatmung).
Wer sich eingehender mit der Kapnographie als Biofeedback-Verfahren zur Behandlung von Atemnot und Atemnot-Ängsten befassen möchte, kann dies im Beitrag „Atemnot-Ängste bei COPD: Eine neue Mind-Body-Intervention zielt auf Atemmuster und Atemwahrnehmung“ tun.
Informationen zum CapnoTrainer®, der bei der CART-Intervention (die in obigem Beitrag beschrieben wird) zum Einsatz kam, finden Interessierte auf der Website der Anbieterfirma Better Physiology (in Englisch).
Was sind typische Merkmale beim praktischen Einsatz von Biofeedback?
Biofeedback teilt einige Gemeinsamkeiten mit anderen Methoden der Verhaltensmedizin. Gleichzeitig weist es spezifische Eigenschaften auf.
Zusammenfassend lassen sich die typischen Merkmale des Verfahrens so beschreiben:
- Biofeedback leitet an zum spielerischen Entdecken.
- Biofeedback pendelt zwischen freier Eigeninitiative des Patienten und gezielter Anleitung durch den Therapeuten.
- Biofeedback experimentiert mit Schwellen, um eine möglichst differenzierte Wahrnehmung und wirksamere Effekte zu erreichen.
- Biofeedback ermuntert zum Erproben von angemessenem Verhalten bei Streß-Provokation (z. B. zu Anpassung der Atmung bei körperlicher Aktivität, beim Bücken, beim Treppensteigen bei der oben erwähnten CART-Intervention).
- Biofeedback thematisiert psychosomatische Zusammenhänge bei Nachbesprechungen (dysfunktionale Überzeugungen, affektive Reaktionen werden auf der Basis der Kognitiven Verhaltenstherapie angesprochen).
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Beitragschronik
- Erstveröffentlichung: 27.1.2022
Quellen
Rief, W., & Henningsen, P. (2015). Psychosomatik und Verhaltensmedizin. Schattauer Verlag.
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